Rückblick "Über Eisenbahnen, die die Welt verändern"

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Plieningen: Da staunte selbst der „Vater“ der SWR-Dauer-Serie „Eisenbahn-Romantik“, Hagen von Ortloff: Hohe Besucherzahlen ist er bei seinen eigenen Veranstaltungen ja gewohnt, in der Plieninger „Zehntscheuer“ aber wurden mit mehr als 150 Besuchern für eine Buch-Präsentation selbst die optimistischsten Erwartungen übertroffen: Manuela Hertel, die Vorsitzende des Bürgervereins Plieningen hatte kurzfristig und wohl einer Eingebung folgend die Veranstaltung vom Foyer in den Hauptsaal der Zehntscheuer verlegt – und hatte damit schon vor Beginn das einzige Problem des Abends gelöst, genügend Platz für alle Besucher zu finden.

Es waren einige Erwartungen geweckt worden: Michael Mattig-Gerlach, Plieninger Filmemacher und Ex-SWR-Redakteur, hatte als Autor seines dritten Buches „Eisenbahn-„Romantik?“ – Wie Eisenbahnen die Welt verändern“ weit mehr als eine „Lesung“ angekündigt. So wurden denn auch die Besucher, gleich beim Reinkommen in die Zehntscheuer vom Aufbau der gesamten Technik überrascht, die man für die Produktion einer Eisenbahn-Dokumentation braucht. 35 davon hat Mattig-Gerlach gedreht und darüber in seinem Buch geschrieben. Und – sozusagen als Zeugen dafür, dass da nichts gedichtet, sondern sehr authentisch geschrieben wurde – brachte er Hagen von Ortloff mit, der auch das Vorwort im Buch geschrieben hat.

Vom Schreibstil her – so dieser zu Beginn der Buch-Präsentation - erinnere ihn das Buch an den Abenteurer Jack London, „der auch mit einem Lächeln auf den Lippen und mit einem Augenzwinkern seine Welt beschrieben“ habe, auch wenn die Fakten in der Tat nicht romantisch waren. So in etwa verlief denn auch der ganze Abend: mit vielen Lächeln und bei allem Ernst eben auch Augenzwinkern darüber, was einem so alles passieren kann, wenn man für eine Eisenbahn-Romantik auf die Reise geht. Die Pleiten, Pech und Pannen bei den Produktionen in Bolivien, Alaska, Russland und Tansania waren zwar manchmal gar nicht lustig und brachten die Eisenbahnfilmer nicht nur zum Schwitzen – im Dschungel und in der Wüste natürlich besonders - , sondern die Produktionen und die Eisenbahn-Filmer selbst so manches Mal an den Rand des Scheiterns.

Natürlich – so Mattig-Gerlach – könne man das Resultat der in der Zehntscheuer und im Buch beschriebenen „Abenteuer“ in der ARD-Mediathek oder auf Youtube anschauen. Aber selbstverständlich bekomme der Fernsehzuschauer nicht die drohenden Pleiten und Probleme zu sehen, sondern nur das erfolgreiche Meistern auch mitunter brenzliger Situationen.

Natürlich – so Hagen von Ortloff – setzten die Produzenten von Eisenbahn-Dokumentationen immer das Ziel um, unterhaltsam und auch lehrreich die Eisenbahnen dieser Welt, die Landschaften, durch die sie fahren, und die Menschen, die sie bedienen, zu dokumentieren. Von 1991 an – dem Jahr der ersten „Eisenbahn-Romantik“ über die Sauschwänzle-Bahn – bis heute sie dies sehr viel mehr als eintausend Mal umgesetzt worden – und 35 Mal davon eben von Michael Mattig-Gerlach.

Die beiden funken – so der Eindruck aus der Veranstaltung in der Zehntscheuer - offensichtlich auf derselben Wellenlänge. Befreundet seit vielen Jahren, ergänzten sie sich ganz in dem zuvor angekündigten Schreibstil. Gelesen wurde gar nicht so viel, erzählt sehr viel: Da ging es sieben Meilen zu Fuß durch’s Bärenland in Alaska, standen die Filmer stundenlang auf einem Felsen mitten im bolivianischen Tiefland-Dschungel, umschwärmt von allen möglichen Stechmücken, um am Ende und in völliger Dunkelheit nichts gedreht zu haben. In Russland war es der stetige Kampf gegen die Verbots-(Un-)Kultur, die produktionsgefährdend eingriff und in Tansania ständig defekte und uralte Lokomotiven, die einem Erfolg der Produzenten im Wege standen.

Zu all den Geschichten über einige Kapitel der 35 Eisenbahnfilme aus 26 Ländern und von vier Kontinenten gab es im Hintergrund die dazu passenden Filmausschnitte, Karten und Fotos zu sehen. Und am Ende der jeweiligen Abschnitte dann eben auch Ausschnitte aus den fertigen Eisenbahn-Romantik-Filmen.

Wie nicht anders zu erwarten, waren auch eine ganze Menge Eisenbahnfreunde dabei, die sich für Details der Eisenbahnen und der Schienenweg genauso interessierten, wie für die Technik, wie so eine Eisenbahn-Produktion entsteht. Das begann schon vor der Veranstaltung, als viele Besucher der Zehntscheuer von Hagen von Ortloff die Fragen stellen konnten, die ihnen schon lange auf der Seele brannten – und die ihnen natürlich ausnahmslos auch beantwortet wurden. Von Ortloff ging auf die „Geburt“ der Eisenbahn-Romantik-Serie Ende der achtziger Jahre ein und umschrieb ziemlich genau das, was die SWR-Serie bis heute so erfolgreich gemacht hat: Die Kombination von Technik, Landschaft und Menschen informiert und unterhält ein Multi-Millionen-Fernseh-Publikum bis heute. Und einen Teil dieser Eisenbahn-Faszination bekamen die Besucher der Veranstaltung des Plieninger Bürgervereins in der Zehntscheuer vermittelt, als sie in einem – wie angekündigt „interessanten, humorvollen und informativen“ Abend hinter die Kulissen von 35 der weit über 1.000 Eisenbahn-Dokumentationen blicken konnten.

(Das Buch zur Veranstaltung: Eisenbahn-„Romantik?“ – Wie Eisenbahnen die Welt verändern“ – Shaker Media, ISBN 978-3-95631-795-8)